Fachartikel

Twin Transformation und Open Innovation in der Kosmetikindustrie

Jede Branche, jeder Industriezweig ist von der “Twin Transformation” betroffen, d.h. von der Erfordernis zur weiteren Digitalisierung für Effizienzsteigerungen, neue Produkte, Services & Absatzwege sowie von der Erfordernis nach mehr Nachhaltigkeit von Betrieb, Produktion und Produkten für besseren Klimaschutz und optimierten Ressourceneinsatz. Beide Entwicklungen („Transition“ / „Transformation“) überlappen sich, die Digitalisierung ist dabei ein zentrales Mittel zur Verbesserung der Nachhaltigkeit, muss aber auch selbst „grüner", d.h. energie- und ressourcen-effizienter werden.

Digital amplifies Sustainability
Abbildung: 'Digital amplifies Sustainability' through the 'Greening OF and BY' Digital Technologies (Quelle: World Economic Forum)

Was macht die „Twin Transformation“ so herausfordernd? Schon vor der Umsetzung fällt es den Unternehmen schwer, sich überhaupt ein klares Bild über die Innovations- und Transformationsmöglichkeiten für die beiden Stoßrichtungen „Digitalisierung“ und „Nachhaltigkeit“ zu verschaffen. Unzählige, oft ineinandergreifende Technologie- und Innovationstrends, unzählige, vielfältige Innovationen & Lösungen von Startups – wer kann da den Überblick behalten und die für sein Unternehmen relevantesten Entwicklungen priorisieren und daraus die richtigen Transformationsmaßnahmen herleiten und konzipieren?

Das alles kann heute kein Unternehmen mehr für sich alleine verstehen und gestalten, jedes Unternehmen ist darauf angewiesen, sich in seiner Branche und seinem Innovationsökosystem mit anderen Marktakteuren von Hochschulinstituten, über Startups bis hin zu Mitbewerbern auszutauschen und Kooperationspartner für die Twin Transformation zu finden.

Diese Öffnung des eigenen Innovationsprozesses zur strategischen und operativen Nutzung der Ideen, Kompetenzen und Leistungen anderer Ökosystemakteure, insbesondere von Hochschulen und Startups wird „Open Innovation“ genannt. Mit Open Innovation und gezielten Kooperationen, wie z.B. dem Venture Clienting mit Startups, verbessern Unternehmen ihre Effizienz, Produktivität, Nachhaltigkeit, Time-/Cost-/Quality- und Fit-to-Market sowie das Frühwarn- & Resilienz-Management von unerwarteten Marktstörungen.

Innovationsökosystem der Kosmetikindustrie
Abbildung: Innovationsökosystem der Kosmetikindustrie

Wir haben einmal exemplarisch die wichtigsten Markt-, Technologie-, Produkt- und Innovationstrends für die Produktion und Konfektionierung chemisch-technischer und kosmetischer Produkte zusammengestellt:

1. Markttrends

  • Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein:
    Es gibt einen starken Druck hin zu umweltfreundlichen Produktionsmethoden, um sowohl regulatorische Anforderungen als auch den Wunsch der Verbraucher nach "grüner" Kosmetik und chemischen Produkten zu erfüllen.
  • Personalisierung von Produkten:
    Besonders in der Kosmetikindustrie nimmt die Nachfrage nach individuell zugeschnittenen Produkten zu, die auf spezifische Haut- und Haartypen sowie persönliche Präferenzen abgestimmt sind.
  • Veganer und tierversuchsfreier Ansatz:
    Produkte, die frei von tierischen Inhaltsstoffen sind und ohne Tierversuche entwickelt wurden, gewinnen immer mehr an Bedeutung.
  • E-Commerce und Direktvertrieb:
    Der Vertrieb von chemisch-technischen und kosmetischen Produkten verschiebt sich zunehmend auf digitale Plattformen und E-Commerce-Kanäle, was neue Logistik- und Verpackungsanforderungen mit sich bringt.

2. Technologietrends

  • Automatisierung und Robotik in der Produktion:
    Der Einsatz von Automatisierungslösungen zur Steigerung der Effizienz in der Produktion und Verpackung, einschließlich Robotern für das Abfüllen und Etikettieren, nimmt zu.
  • Künstliche Intelligenz (KI) für Rezepturoptimierung und Qualitätskontrolle:
    KI-basierte Algorithmen ermöglichen es, schnellere und präzisere Formulierungen von chemisch-technischen Produkten und Kosmetika zu entwickeln. Zudem wird KI in der Qualitätskontrolle eingesetzt, um Produktionsfehler zu minimieren.
  • IoT und digitale Vernetzung:
    Smarte Produktionsanlagen und Geräte, die über das Internet of Things (IoT) miteinander vernetzt sind, ermöglichen eine bessere Nachverfolgbarkeit und Transparenz in der Lieferkette.
  • 3D-Druck von kosmetischen Produkten:
    Erste Schritte werden in der Nutzung des 3D-Drucks zur Herstellung individualisierter Kosmetikprodukte gemacht, insbesondere im Bereich von Make-up und Hautpflege.

3. Produkttrends

  • Clean Beauty und minimalistische Formeln:
    Kosmetikhersteller setzen auf weniger Inhaltsstoffe und verzichten auf bedenkliche chemische Zusätze, um den Wunsch der Verbraucher nach "sauberen" Produkten zu erfüllen.
  • Wiederverwendbare Verpackungen:
    Es gibt eine wachsende Bewegung hin zu wiederverwendbaren oder nachfüllbaren Verpackungen, um den Plastikverbrauch zu reduzieren.
  • Multifunktionale Produkte:
    Besonders in der Kosmetikbranche werden Produkte entwickelt, die mehrere Funktionen erfüllen, z.B. Kombinationen von Hautpflege und Make-up.
  • Wasserlose Formulierungen:
    Umweltfreundliche, wasserfreie Produkte wie Pulver oder feste Seifen und Shampoos gewinnen an Popularität.

4. Innovationstrends

  • Bio-basierte Chemikalien:
    In der chemisch-technischen Produktion wird vermehrt auf nachwachsende Rohstoffe gesetzt, um nachhaltigere Alternativen zu herkömmlichen petrochemischen Stoffen zu bieten.
  • Mikrobiom-freundliche Kosmetik:
    Produkte, die das natürliche Gleichgewicht des Mikrobioms der Haut fördern, stellen eine wachsende Kategorie dar, die von Innovationen in der Biotechnologie angetrieben wird.
  • Nachhaltige Produktionsverfahren:
    Neue Technologien wie grüne Chemie und kreislaufbasierte Produktionsprozesse spielen eine zentrale Rolle in der Herstellung umweltfreundlicher chemischer Produkte.
  • Upcycling von Inhaltsstoffen:
    Die Nutzung von Nebenprodukten aus anderen Industrien, etwa der Lebensmittelverarbeitung, um kosmetische und chemisch-technische Produkte herzustellen, ist ein wachsender Trend.

Die Breite und Vielzahl dieser Trends bieten vielfältige Innovations- und Marktchancen für Unternehmen, die in der Produktion und Konfektionierung von chemisch-technischen und kosmetischen Produkten tätig sind. Aber womit anfangen? Zu welchen Trends gibt es bereits Lösungen von anderen, die man ggf. übernehmen und adaptieren kann? Wo gibt es Kooperationsmöglichkeiten, um eigene Mittel zu schonen und Risiken zu mindern?

Ein strategischer Ansatzpunkt zur Lösung dieser Herausforderung ist, die „Schwarmintelligenz“ des Ökosystems zu nutzen, die Ideen und die Innovationskraft von jungen, agilen Marktakteuren – von Startups – ins eigene Unternehmen zu holen. Wir haben einmal exemplarisch eine Liste von Startups weltweit zusammengestellt, die in den Bereichen Produktion und Konfektionierung chemisch-technischer und kosmetischer Produkte tätig sind und sich gut in die oben genannten Trends einordnen lassen:

Top-10-Kosmetiktrends und 20 Startups
Abbildung: Top-10-Kosmetiktrends und 20 Startups (Quelle: StartUs Insights)

Loli Beauty (USA)

  • Schwerpunkt:
    Clean Beauty und nachhaltige Verpackungen
  • Trend:
    Bietet wasserlose, minimalistische Beauty-Produkte in wiederverwendbaren und kompostierbaren Verpackungen an.

Susteau (USA)

  • Schwerpunkt:
    Wasserfreie Haarpflegeprodukte
  • Trend:
    Entwickelt wasserlose Formulierungen für Shampoo und Conditioner, was den Wasser­verbrauch in der Produktion reduziert.

Givaudan Active Beauty (CH)

  • Schwerpunkt:
    Mikrobiom-freundliche Kosmetik
  • Trend:
    Fokussiert auf biotechnologische Innovationen, um das Hautmikrobiom zu schützen und zu fördern.

Aptar Beauty + Home (FR)

  • Schwerpunkt:
    Nachhaltige Verpackungslösungen
  • Trend:
    Entwickelt umweltfreundliche Verpackungs­systeme, darunter wiederverwendbare und recycelbare Optionen für Kosmetik- und Haushaltsprodukte.

LanzaTech (USA)

  • Schwerpunkt:
    Bio-basierte Chemikalien
  • Trend:
    Nutzt Mikroben, um Kohlenstoffemissionen in nachhaltige Chemikalien zu verwandeln, die in der Kosmetik- und chemischen Industrie eingesetzt werden können.

Loop (USA/Global)

  • Schwerpunkt:
    Wiederverwendbare Verpackungen
  • Trend:
    Bietet eine Plattform für Unternehmen, um ihre Produkte in wiederverwendbaren Verpackungen anzubieten, und unterstützt den Zero-Waste-Ansatz.

Notpla (UK)

  • Schwerpunkt:
    Biologisch abbaubare Verpackungen
  • Trend:
    Entwickelt Verpackungen aus Meeresalgen, die vollständig biologisch abbaubar sind und für Kosmetik- und chemisch-technische Produkte verwendet werden können.

C16 Biosciences (USA)

  • Schwerpunkt:
    Bio-basierte Inhaltsstoffe
  • Trend:
    Produziert Palmöl-Alternativen auf mikrobieller Basis, um umweltschädliche Palmöl-Plantagen zu vermeiden und nachhaltigere Produkte zu ermöglichen.

Symbiome (USA)

  • Schwerpunkt:
    Mikrobiom-freundliche Hautpflege
  • Trend:
    Verwendet wissenschaftlich fundierte Rezepturen, die die natürliche Hautflora unterstützen und auf regenerative Landwirtschaft setzen.

Mi Terro (USA)

  • Schwerpunkt:
    Upcycling von Nebenprodukten
  • Trend:
    Verwandelt Lebensmittelabfälle, wie Milchüberschüsse, in Proteine, die für nachhaltige Verpackungen und Hautpflege­produkte genutzt werden können.

Curology (USA)

  • Schwerpunkt:
    Personalisierte Hautpflege
  • Trend:
    Nutzt KI und Big Data, um maßgeschneiderte Hautpflegeprodukte zu entwickeln, die auf individuelle Hautbedürfnisse zugeschnitten sind.

Lovac / Henkel X Ventures (BRD)

  • Schwerpunkt:
    Automatisierte Kosmetikproduktion
  • Trend:
    Arbeitet an Lösungen zur Automatisierung und Digitalisierung der Kosmetikproduktion, einschließlich IoT-basierter Produktions­steuerung und Robotik.

Studio Botanic (Köln)

  • Schwerpunkt:
    Vegane Naturkosmetik
  • Trend:
    Bietet minimalistische Naturkosmetik an, die auf essentielle Inhaltsstoffe setzt. Die Produkte wie Handcreme und Gesichtscreme sind vegan und natürlich und verzichten auf unnötige Zusatzstoffe​.

Junglück (München)

  • Schwerpunkt:
    Nachhaltige Verpackungen und Hautpflege
  • Trend:
    Setzt auf nachhaltige Kosmetikverpackungen aus Glas und pflanzt für jedes verkaufte Produkt einen Baum. Die Produkte sind auf Haut- und Umweltfreundlichkeit ausgelegt​.

PlantBase (Hannover)

  • Schwerpunkt:
    Bio-basierte Inhaltsstoffe und nachhaltige Verpackungen
  • Trend:
    Produziert vegane und Zero-Waste-Kosmetik, darunter Seifen und Lippenpflegeprodukte, in nachhaltigen Verpackungen. Sie verwenden Bio-Zutaten und bieten Lösungen für umwelt­bewusste Konsumenten​.

Ombelle (Hannover)

  • Schwerpunkt:
    Bio-basierte Inhaltsstoffe
  • Trend:
    Stellt hochwertige Naturkosmetik aus wenigen, rein natürlichen Inhaltsstoffen her und achtet dabei auf Umweltschonung und biologische Herkunft​.

FORMEL Skin (Berlin)

  • Schwerpunkt:
    Personalisierte dermatologische Behandlungen
  • Trend:
    Erstellt KI-basierte Hautanalysen & Diagnosen und bietet dazu die passenden Hautpflegesets mit individuellen Wirkstoff­kombinationen an.

Yepoda (Berlin)

  • Schwerpunkt:
    Natürliche Inhaltsstoffe und nachhaltige Verpackungen
  • Trend:
    Kombiniert hochwirksame, natürliche Inhaltsstoffe aus der koreanischen Beauty-Tradition mit innovativen, umwelt­freundlichen Verpackungslösungen.

CareTwice (Augsburg)

  • Schwerpunkt:
    Vegane Körperpflege in Nachfüllpacks
  • Trend:
    Entwickelt nachhaltige Pflegeprodukte mit dem Ziel, Plastikverpackungen zu reduzieren, bieten Nachfülloptionen für Produkte wie Shampoos und Duschgele.

Puremetics (Hannover)

  • Schwerpunkt:
    Plastikfreie und vegane Kosmetikprodukte
  • Trend:
    Produziert feste und plastikfreie Kosmetik, darunter Shampoo, Deodorants und Peelings, mit veganen und umwelt­freundlichen Inhaltsstoffen.

Foamie (München)

  • Schwerpunkt:
    Feste, vegane Pflegeprodukte und nachhaltige Verpackungen
  • Trend:
    Spezialisiert auf feste Pflegeprodukte, darunter Shampoo, Duschpflege und Gesichtsreinigung, mit plastikfreien Verpackungen und veganen Inhaltsstoffen.

Diese beispielhaften Startups und weltweit noch viel mehr stehen für die verschiedenen Innovationsrichtungen in der Produktion und Konfektionierung chemisch-technischer und kosmetischer Produkte, von Nachhaltigkeit und Bio-basierter Chemie bis hin zu personalisierten und mikrobiom-freundlichen Lösungen.

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