Fachartikel

Von der Innovation Challenge zum Venture Clienting.
Ein aktuelles Praxisbeispiel aus der Textil- & Bekleidungs­industrie.

Innovation Challenge – TexTech Startup Challenge

Open Innovation, Venture Clienting, Innovation Challenges

In einer Welt mit immer mehr und immer schnelleren technischen Entwicklungen, die in exponentieller Veränderung von Anwendungen und Märkten resultieren, kann kein Unternehmen mehr für sich alleine agieren und muss seine Innovationsprozesse öffnen.

Das im Kontext von Open Innovation aktuell viel beschworene Venture Clienting – die Zusammenarbeit eines etablierten Unternehmens (dem „Client“) mit einem Startup (dem „Venture“), um eine neue technische Lösung oder Anwendung zu pilotieren – benötigt eine sorgfältige Vorbereitung und eine systematische Durchführung.

Sorgfältige Vorbereitung des Venture Clienting heißt eine umfassende, tiefgehende Bedarfsanalyse im Unternehmen durchzuführen, wo neue Lösungen für interne Effizienz- und Nachhaltigkeitssteigerungen oder für neue Produkte und Geschäftsmodell gesucht werden.

Systematische Durchführung des Venture Clienting heißt die identifizierten Lösungsoptionen als Portfolio zu betrachten und diejenigen Lösungen für Pilotprojekte auszuwählen, die den größten Return-on-Investment, das geringste Risiko und den vertrauenswürdigsten, externen Partner (Startup, Hochschul-Spin-off oder F&E-Institutsteam) versprechen.

Innovation Challenge: Perfekter Probelauf für’s Venture Clienting

Und genau hier kommt die Innovation Challenge als Vorstufe zum Venture Clienting ins Spiel. Die Innovation Challenge eines oder mehrere Unternehmen verfolgt das gleiche Ziel wie das Venture Clienting ist aber erst einmal zeitlich begrenzt „auf eine Runde“. D.h. es werden 1x Innovationssuchfelder, konkrete Aufgabenstellungen und gewünschte technische Use Cases definiert, es wird 1x weltweit nach passenden Lösungen von Startups, Hochschul-Spin-offs der F&E-Institutsteams gesucht und es wird 1x gematcht und geprüft, wo Kooperationen für gemeinsame Pilotversuche angebahnt werden sollten.

Eine einmalige Innovation Challenge ist also der perfekte Probelauf für ein dauerhaftes Venture Clienting und für die Einrichtung einer dedizierten Venture Client Unit als Koordinationsstelle im Unternehmen.

Exkurs: Innovation Challenge oder Innovation Hackathon?

Ein Hackathon ist ein Event, bei dem Teams innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums, oft 24 bis 48 Stunden, an innovativen Lösungen für spezifische Probleme arbeiten. Hackathons sind stark auf die schnelle Entwicklung von Prototypen und technischen Lösungen ausgerichtet, meist mit einem Fokus auf Software- oder Hardwareentwicklung:

  • Zeitlich begrenzt: Meist 1–3 Tage, oft nonstop oder in intensiven Blöcken.
  • Fokus auf Umsetzung: Teams entwickeln Prototypen oder funktionierende MVPs (Minimum Viable Products).
  • Technischer Schwerpunkt: Viele Hackathons haben einen technologischen Fokus, z. B. Software, Hardware, Ni, etc.
  • Teams und Zusammenarbeit: Teams setzen sich aus verschiedenen Disziplinen zusammen (z. B. Entwickler, Designer, Business-Leute).
  • Wettbewerbscharakter: Es gibt oft Preise für die besten Losungen.
  • Ergebnisorientiert: Das Ziel ist es, in kurzer Zeit eine funktionierende Lösung zu präsentieren.

Bietet den Vorteil schneller, kreativer Losungen und intensiven Teamgefühls, eignet sich aber eher für kurzfristige, oberflächliche Innovationen.

Eine Challenge ist eine breiter angelegte Wettbewerbsform, bei der Teilnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg an einer Lösung arbeiten können. Challenges haben oft einen größeren thematischen Spielraum und können neben technischen Aspekten auch soziale, wirtschaftliche oder ökologische Innovationen umfassen:

  • Längere Dauer: Die Zeitspanne reicht von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten.
  • Breites Themenspektrum: Challenges können über reine technische Lösungen hinausgehen und z. B. auch Geschäftsmodelle, Prozessinnovationen oder gesellschaftliche Fragestellungen umfassen.
  • Individuelle oder Teamarbeit: Teilnahme kann individuell oder in Teams erfolgen.
  • Phasenweise Struktur: Es gibt oft mehrere Phasen (Ideenfindung, Konzeptentwicklung, Prototyping).
  • Evaluationsprozesse: Lösungen werden anhand spezifischer Kriterien bewertet, oft gibt es Zwischenbewertungen.
  • Zielgruppe: Challenges sprechen oft nicht nur Tech-Talente an, sondern auch Branchenexperten, Designer oder Unternehmer.

Ermöglicht tiefere, nachhaltige Lösungsansätze und eine breitere Themenpalette, kann aber aufwendiger und weniger dynamisch sein.

Fazit: Als Vorstufe für das Venture Clienting kommt nur eine Innovation Challenge in Frage, da für bezahlte Pilotversuche von Unternehmen mit Startups grundsätzlich bereits entwickelte und erprobte Lösungen benötigt werden.

Die Chancen einer Innovation Challenge als perfekte Vorbereitung des Venture Clienting haben auch die Textil- und Bekleidungsunternehmen in Mönchengladbach erkannt und sich einer von der Stadt finanzierten und im Auftrag der Wirtschaftsförderung von 1stMOVER durchgeführten Innovation Challenge angeschlossen, Laufzeit Dezember 2024 bis April 2025 mit einem großen Challenge Finale.

Auf dem Finale können nicht nur die zuvor identifizierten, potentiellen „Paare“ von Unternehmen und Startups in 1:1 Deep Dives die neuen Lösungen diskutieren und bezahlte Pilotprojekte anbahnen. Alle Startups, Hochschul-Spin-offs und F&E-Institutsteams können auch nochmal alle ihre Lösungen vor allen Unternehmen präsentieren, so dass weitere Ad-hoc Matches und Deep Dive Sessions Vorort generiert werden. Abgerundet wird die Challenge mit Peer-to-Peer-Sessions der Startups zum Erfahrungsaustausch zu den Themen Markt & Product, Tech, Fund Raising und Team/Recruiting und mit VC-Gesprächen der dafür im Vorfeld ausgewählten Startups. Schließlich folgt das große Finale, bei dem sich die erfolgreiche „Paare“ von Unternehmen und Startups noch einmal präsentieren und von ihren gemeinsamen Plänen für Pilotprojekte berichten.

Die TexTech Innovation Challenge der Mönchengladbacher Unternehmen für das Venture Clienting mit Startups hat mehr als 20 Innovation Challenges hervorgebracht, aus denen sich auch eine ganze Menge zu den aktuellen Herausforderungen und Trends in der Textil- und Bekleidungsindustrie lernen lässt:

  1. KI is everywhere:
    Vom Einkauf über Produktion und Energiemanagement bis hin zur Distributionsplanung, überall sollen zukünftig Maschine Learning, Generative KI und Agentensysteme in Kombination mit IOT für mehr Effizienz und Nachhaltigkeit zum Einsatz kommen.
  2. Nachhaltigkeit:
    Natürlich das zweite, ganz große Thema, um die Textil- und Bekleidungsindustrie endlich Menschen-, Ressourcen- und Umwelt-schonender zu machen. Es gibt so viele vielversprechende Ansätze, jetzt muss die breite Umsetzung folgen.
  3. Technische Textilen:
    Deutschland, u.a. mit dem wachsenden TexTech-Standort Mönchengladbach, ist auf dem besten Weg wieder eine ganz große Textilnation zu werden, mit deutscher Ingenieurskunst und technischen Textilien für die verschiedensten Industriezweige.
TexTech Innovation Challenges der Unternehmen aus Mönchengladbach
Abbildung: Übersicht der TexTech Innovation Challenges der Unternehmen aus Mönchengladbach

Alle TexTech Innovation Challenges, mehr Infos zum Challenge-Format und die Möglichkeit zur Teilnahme für interessierte Unternehmen, Startups, Hochschul-Spin-offs und F&E-Teams bis zum 28. Februar 2025 gibt es hier: https://textech-startup-hub.de/

Exkurs: Praxiserfahrungen aus der Innovation Challenge

  • Mittelstandsunternehmen zunächst zurückhaltend bis hilflos…
    • „keine Zeit wegen Tagesgeschäft, wir sind schon innovativ genug, was bringt uns das?“
    • Unbedingt Hilfe erforderlich für die präzise Formulierung einer Innovation Challenge:
      Suchfeld > konkrete Aufgabenstellung > technischer Use Case
  • …dann aber gut bei der Sache
    • Pro Unternehmen 3–5 sehr konkrete, anspruchsvolle, teils sehr technische Challenges
    • Neugierig und offen für Input „was da draußen passiert“
    • Nicht nur Startups sondern auch Hochschul-Spin-offs, R&D-Teams und Mitbewerber interessant
  • Herausforderungen beim Startup Scouting
    • Nur sehr wenige bis keine direkt passenden Kandidaten für spezielle Challenges
    • Mix verschiedener Scouting-Wege erforderlich, mit hohem Sichtungs- & Qualifizierungsaufwand
    • Oftmals „um die Ecke denken“ erforderlich (z. B. Analogie zwischen Textilfaserchemie und Haarwaschchemie)

Fazit: Der Erfolg einer Innovation Challenge hängt von den vielen kleinen aber entscheidenden Details bei der Durchführung ab, angefangen bei der Aufnahme der einzelnen Challenge bis zur Identifizierung der passende potenziellen externen Partner für ein Unternehmen ab.

Die TexTech Innovation Challenge in Mönchengladbach bettet sich ein in eine Reihe weiterer Maßnahmen und Formate, um die Stadt Mönchengladbach zu einem internationalen Startup-Hub zu entwickeln.

Wenn auch Sie als Unternehmen oder als Wirtschaftsförderung oder Landeswirtschaftsministerium an der Durchführung einer Innovation Challenge für Antrieb und Wachtsum Ihres Unternehmens oder Ihrer Wirtschaftsregion interessiert sind, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf für einen unverbindlichen Erfahrungsaustausch.




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