Fachartikel
Der Aufstieg der Startup-Accelerator: Wie die Global Player eine weltweite Accelerator-Industrie aufbauen
Was haben Dropbox, Airbnb und reddit gemeinsam? Alle drei sind äußerst erfolgreiche Digital-Unternehmen mit Unternehmensbewertungen in Milliardenhöhe. Und: Sie alle wurden vom US-amerikanischen Y-Combinator – der Mutter aller Startup-Accelerator – hervorgebracht. Was macht die großen US-Accelerator so erfolgreich? Und wie ist die Situation in Deutschland und NRW?
Den Y-Combinator im Silicon Valley gibt es seit 2005. Seitdem hat er zahlreiche Startups zu global agierenden Unternehmen aufgebaut und ist dabei selbst zu einem Global Player geworden. Daneben gehören weitere Accelerator-Programme zu DEN Adressen für Startups und VCs weltweit, zum Beispiel Techstars, Plug and Play, 500 Startups und Startup Bootcamp.
Sie alle unterstützen Gründerinnen und Gründer mit den „5 C“: Co-Working, Community, Coaching, Contacts und Capital. Außerdem teilen sie die Grundprinzipien eines Startup-Accelerators: Sie richten sich an junge, noch kleine Teams („Pre-seed“), ihr Bewerbungsprozess ist offen, das Programm ist zeitlich begrenzt und die Startups durchlaufen das Programm in Klassen, sogenannten „Batches“. Das Ziel eines Accelerators ist, die jungen Unternehmen so weit zu bringen, dass sie den Markteintritt erreichen und ihr erstes VC-Funding erhalten.
Accelerator sind über die Jahre zu einem zentralen Baustein in den Startup-Ecosystems geworden. Ihr USP: Sie sind ein „One-Stop-Shop“ – hier bekommen Startups alles, was sie brauchen.
Accelerator-Programme weltweit, in Deutschland und in NRW
2009 begann der Aufstieg der Accelerator in den USA, um 2016 ist international ein Sättigungspunkt zu beobachten – zu diesem Zeitpunkt entstanden in Deutschland erst die ersten Programme. Europa hat Nordamerika bei der Anzahl der Startup-Förderprogramme zwar inzwischen überholt, aber die Größe, Professionalität und das Investmentbudget liegen noch weit unter dem der großen, weltweit agierenden Accelerator.
Neben den großen Playern gibt es unzählige kleine und nur lokal bekannte Accelerator. Weltweit sind es zurzeit mehr als 700 Startup-Förderprogramme mit einem Gesamtbudget von mehreren 100 Millionen Euro und Tausenden von angeschobenen Startups. Sie unterscheiden sich in erster Linie in ihrer Trägerschaft. Es gibt private Accelerator von eigenständigen Brands wie Y-Combinator & Co. und von Unternehmen („Corporate Accelerator“) sowie öffentliche Förderprogramme von Wirtschaftsförderungen, Universitäten und Forschungsinstituten. Dabei fällt auf: Die ganz großen Accelerator-Flaggschiffe sind allesamt in privater, eigenständiger Hand.
In Deutschland gibt es ca. 150 Accelerator-Programme, davon sind ca. 30 in NRW angesiedelt. Die meisten davon sind Teil eines regionalen Startup-Ökosystems oder befinden sich an Standorten großer Universitäten.
Auch einige Unternehmen in Deutschland betreiben sogenannte Corporate Accelerator. Diese sind entsprechend der Marktbearbeitung des Unternehmens fast immer thematisch ausgerichtet, z.B. auf die Energie- oder Finanzwirtschaft. Zu den bekanntesten Programmen gehören Axel Springer Plug & Play bzw. APX von Axel Springer und Porsche, DB mindbox sowie Merck Accelerator.
In unserem Artikel „Chancen und Herausforderungen von Corporate Accelerator – So wird Ihr eigenes Startup-Programm ein Erfolg“ gehen wir detailliert darauf ein, wie Ihr Unternehmen einen profitablen Corporate Accelerator aufbauen und betreiben kann.
Globale Brands bauen eine globale Accelerator-Industrie
Die großen Accelerator sind heute keineswegs mehr regional beschränkt. Sie sind zu globalen Playern geworden, die die Startup-Ökosysteme weltweit prägen. In den letzten Jahren haben sie so eine globale Accelerator-Industrie aufgebaut, in der die Programme um die vielversprechendsten Startups aus der ganzen Welt buhlen. Dabei verfolgen sie unterschiedliche Strategien, um global zu wachsen.
Y-Combinator setzt beispielsweise auf eine Virtualisierung seines Angebots: Die „Startup School“ findet ausschließlich online statt. Mehr als 14.000 Startups befinden sich in einem Batch und lernen ortsunabhängig. Vor Ort durchlaufen nur zwei Batches im Jahr das Programm; die Startups siedeln dafür ins Silicon Valley um. Damit ist die Online Startup School der weltweite „Zubringer“ zum eigentlichen Y-Combinator und eine kostenlose Ressource, die es allen Gründerinnen und Gründern weltweit ermöglicht, vom Wissen und der Erfahrung des Accelerators zu profitieren und sich für den Y-Combinator zu qualifizieren.
Techstars und Plug and Play wachsen global, indem sie Niederlassungen auf der ganzen Welt einrichten. 2011 hat Techstars das Global Accelerator Network (GAN) initiiert und richtet international mehr als 40 verschiedene Accelerator-Programme aus. Mit Startup Weeks/Weekends fördern sie Gründerinnen und Gründer lokal.
Plug and Play hat seinen Fokus auf Corporate Innovation mit Startups gesetzt. Sie verfügen über mehr als 400 Partner-Unternehmen weltweit und kooperieren mit diesen in über 60 Accelerator-Programmen – in Deutschland sind zum Beispiel Startup Autobahn und Axel Springer Plug and Play zu nennen.
Neue Trends in der Accelerator-Industrie
Nicht nur Y-Combinator setzt auf ein digitales Angebot. Die Covid19-Pandemie hat für einen Boom der Online-Accelerator gesorgt. Der erste in Deutschland war startupanywhere.io.
Die Industrialisierung der Accelerator hat außerdem für eine verstärkte Digitalisierung der Prozesse gesorgt, neue Methoden werden erprobt und die Qualität des Mentorings ist enorm gestiegen. Ein neuer Trend ist die Etablierung von Clubmodellen mit Unternehmen. So erhalten die Programme stabile und langfristige Finanzierer.
Auch in Richtung der Startups sind solche geschlossenen Modelle im Kommen: In Startup-Studios, auch Venture Studios genannt, versammeln sich Top-Gründer, Coaches und VCs. Diese Studios bilden eine Vorstufe zu den Company Builders.
Was können wir von den erfolgreichsten Accelerator lernen?
Wie bereits erwähnt, haben die Top-Accelerator gemeinsam, dass sie in privater, eigenständiger Trägerschaft sind. Was machen sie anders als die von Unternehmen oder öffentlichen Institutionen betriebenen Startup-Förderprogramme?
Wir beobachten, dass die privaten, eigenständigen Accelerator vor allem unternehmerisch und entsprechend ergebnisorientiert an die Startup-Entwicklung herangehen:
- Sie verkörpern ein starkes Brand, was ihnen viele Startup-Bewerber beschert.
- Dadurch können sie unter den Besten der Besten der Startups auswählen.
- Ihr Portfolio über mehrere Batches ist entsprechend groß und ergibt damit eine gute Risikostreuung.
- Durch ihre Prominenz können die Programme auf Top-Mentoren wie Serial-Entrepreneurs und Industrie-Experten zurückgreifen, die wiederum die Qualität des Förderprogramms und die Reichweite erhöhen.
- Die Anschlussfinanzierung für die erfolgreich „beschleunigten“ Startups ist meist durch andere VCs oder teilweise sogar durch einen eigenen VC-Fonds gesichert.
- Der gesamte Prozess von Anwerbung, Auswahl, Onboarding, Programmdurchführung, Fundraising-Unterstützung ist durchgängig digitalisiert, was den Accelerator sehr effizient werden lässt.
Damit aus einem Accelerator ein echter Startup-Booster wird und selbst zur Marke wird, ist Zeit und Geld notwendig – auch das zeigt der Blick auf die US-Vorbilder. Von den ersten Schritten bis zur Accelerator-Industrie haben die großen Player mehr als ein Jahrzehnt benötigt.
In Deutschland haben wir die Chance, von den Erfahrungen von Y-Combinator & Co. zu lernen und die Entwicklung von Acceleratoren, die ernstzunehmende Mitspieler in der globalen Accelerator-Industrie sind, in kürzerer Zeit voranzutreiben. Dafür benötigen wir entschlossene Unternehmen und Macher, die wissen, worauf es ankommt.
Sie möchten mehr erfahren über Corporate Accelerator und erfolgreiches Innovationsmanagement? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf, wir beraten Sie zu all Ihren Fragen.